Das Geschäft mit der Dialyse - Ein Kommentar zur ARD-Sendung Fakt vom 28.03.2017

Am 28.03.2017 wurde in der ARD-Sendung "FAKT" dargestellt, welches lukrative Geschäft die Dialyse für Ärzte und Dialysebetreiber darstellt. Mit solch einer Einleitung wird der Zuschauer unwillkürlich auf die Linie befördert; "wo Geld zu holen ist, gibt es Betrüger"! Umgehend wird im nächsten Bild ein Patient in der Opferrolle gezeigt und ein Fachmann eingefügt.  So war auch der Ablauf  der ARD-Sendung. Hier wurde ein Patient gezeigt, der angeblich willkürlich dialysiert wurde und ein Chefarzt, der schon 11 bis 12 solcher Patienten von der Dialyse entbürdet hat. So hatte er die Rolle eines medizinischen  Robin Hut der Patienten. Wenn ich solchen Journalismus sehe, erfasst mich die Verwunderung. Nicht nur, weil bewusst in Kauf genommen wird, dass  das Vertrauensverhältnis 100er Patienten, zu Ihren Ärzten beschädigt wird, sondern aus zahlreichen weiteren Gründen.

 

Hinterfragen wir den Bericht und stellen ein paar Fragen die Bedeutung besitzen.

 

Wie stellt sich eigentlich das Verhältnis der Klinik zu den umliegenden Nephrologen im genannten Saarland dar? Angespannt oder entspannt? Warum hat man  die Abläufe von Seiten der ARD, nicht von einem neutralen Fachmann z.B. vom Verband der niedergelassenen Nephrologen (DN e.V.) oder  der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN), kommentieren gelassen? Es hätte einen neutraleren Eindruck gemacht, als Jemanden der Klinik zu Wort kommen zu lassen, die von einem Patientenwechsel profitieren würde.

 

Zudem sei die Frage erlaubt, ob die Klinik solche Presse benötigt, weil sie Furcht davor besitzt, dass ihre nephrologische Abteilung geschlossen werden könnte? Diskutieren doch nicht nur die Krankenkassen die teilstationäre Dialyse zukünftig zu schließen (siehe Bericht Ärzte Zeitung 29.01.2016 "Versorgung von Dialysepatienten").  Auch die saarländische Landesregierung prüft durch ein im April 2017 zu erwartendes Gutachten,  die Struktur der saarländischen Krankenhauslandschaft anzupassen. Hier sollen die Qualitätskriterien des gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) mit der Mindestmengenreglung umgesetzt werden. So will man feststellen, welche Zentren für welche Krankheiten wirklich benötigt werden. Doppelstrukturen sollen so vermieden werden. Sind zwei nephrologische Schwerpunktkliniken im kleinen Saarland (z.B. 1300 Dialysepatienten), mit einem flächendeckenden niedergelassen nephrologischen Netz  von 19 Praxen, die zahlreich Kliniken angeschlossen sind, wirklich noch notwendig? Das Konzept  zweier Kliniken stammt aus dem Jahre 1979 und ist nicht mehr zeitgemäß.  Das sind Hintergründe, die dem Bericht fehlten.

 

Ist es Zufall, dass der Beitrag der ca. im Sommer/Spätsommer 2016 aufgezeichnet wurde (zumindest lässt die Flora im Hintergrund darauf deuten), jetzt kurz nach der Saarlandwahl und vor der Veröffentlichung des  Gutachten zur Veröffentlichung terminiert wurde? Steht der Patient hier im Mittelpunkt oder ist er mit seinem Schicksal Mittel zum Zweck? Die Hintergründe beleuchtet der TV-Beitrag ebenso wenig.

 

Weiter bleibt die Sendung auch die Darstellung  der genauen Erkrankung des Patienten schuldig? Warum ist er

 

an den Nieren erkrankt? Hatte er eventuell im Vorfeld eine Krebserkrankung  die mit einer Chemotherapie behandelt wurde und erhielt zudem ein CT mit Kontrastmittel? Wenn er zuvor schon eine Nierenschädigung hatte, kann es so durch die Abläufe zum Nierenversagen kommen. So wäre die Dialysebehandlung um Lebensgefahr abzuwenden notwendig.  Die Niere kann sich aber auch wieder erholen. Die Abläufe versteht der unerfahrene TV-Zuschauer nicht, weil das Krankheitsbild der chronischen Nierenerkrankung zu unbekannt ist.  An der Stelle muss man sich jetzt wohl auch bei der ARD an einen postfaktischen Journalismus gewöhnen.

 

Beim Verlauf wie vorgezeichnet mit Chemotherapie usw., wäre der Patient auch in der zu Anfang behandelnden Dialysepraxis von der Dialyse befreit worden. Da es wie schon dargestellt, medizinisch bekannt ist, dass sich die Nieren wieder erholen können.  Das der Kreislauf des Patienten bei der Behandlung stark belastet wird ist ebenfalls gut bekannt. Nicht jeder verträgt die Therapie zu Anfang. Viele Patienten fallen, bevor sie sich erholen, oft in ein Loch. Auch diese Hintergründe bleibt der Bericht schuldig.

 

Weiter ist fraglich, ob die Ärztin wortwörtlich zum Patienten gesagt hat, er müsse nun immer dialysieren? Ich kenne diese Aussage der Ärzte nur in der Form, wenn sich die Niere nicht erholt, müssen sie für immer an die Dialyse? War die Familie eventuell so aufgeregt, dass sie nur das "immer" hörte? Auch diese Nachfrage bleiben die Journalisten des Beitrages schuldhaft.

 

Mit Sicherheit hat die Verbraucherzentrale nichts Falsches gesagt. Die Dialysebehandlung ist sehr teuer und mit Leistungen für den Arzt versehen. Aber auch sie bleibt die Erklärung schuldig, dass ein Kontrollsystem seit langen Jahren besteht.  Jeder Patient wird nicht nur durch Qualitätsrichtlinien überprüft, sondern diese Daten werden zur Prüfung auch an die Kassenärztliche Vereinigung übermittelt. Gibt es hier wiederkehrende Auffälligkeiten, kann der Dialyse die Zulassung entzogen werden.  Auch die Darstellung fehlt dem Bericht. Im Gegenteil hier scheut man nicht davor zurück, auch die Kassenärztliche Vereinigung anzuprangern.

 

Es sind doch sehr viele Dinge, die den Bericht fragwürdig machen. Positiv ist nur, dass der Patient Herr Momper zu einem der wenigen Patienten gehört, wo sich die Nieren wieder erholt haben  und er hoffentlich noch heute ohne Dialyse leben kann. Sein Aufruf sich eine Zweitmeinung einzuholen ist richtig. Das Recht hat der Patient!

 

Fazit: In diesem ARD Bericht wurde nur das bekannte Bild von gut und böse gezeichnet. Hätte die Praxis und andere Ärzte im Umkreis der Klinik in  12 Fällen angeblich jemanden zu unrecht behandelt, wäre dies laut dem Strafgesetzbuch, vorsätzliche Körperverletzung. In so vielen Fällen würde die Staatsanwaltschaft ermitteln, zudem würden die Ärztekammer sowie die Kassenärztliche Vereinigung aktiv. Hier stellt nur ein Chefarzt, der als nicht neutral angesehen werden kann (sein Arbeitgeber ist Nutznießer von einem Patientenwechsel), Vermutungen an, deren Hintergründe nicht genau recherchiert wurden. Es wird bewusst in kaufgenommen, dass Patienten verunsichert werden. Das Vorgehen ist mir aus meiner Selbsthilfetätigkeit durch eine Veranstaltung am 11.10.2009 mit der Klinik und dem Arzt, nicht unbekannt. Seiner Zeit wurde schon in Kauf genommen, dass das Vertrauensverhältnis der Patienten zu den behandelnden Ärzten beschädigt wurde. Durch den Bericht hier wird zudem nicht davor zurückgeschreckt, durch Fernbleiben der Patienten als folge, den Arbeitsplatz von Personal zu gefährden. Es wird hier Patient wie Personal  zum Spielball für gesundheitspolitische Feinseligkeiten  gemacht. Liebe Mitpatienten lassen Sie dies nicht zu! Der Beitrag birgt überdies  die Gefahr, dass jeder Dialyseneuling die Notwendigkeit der Therapie anzweifeln könnte und sich dadurch selbst in Gefahr bringt. Verantwortungsvoller Journalismus, als Anwalt  von oder für Patienten, wird meiner Meinung nach anders aufgearbeitet.