Ein Kind verbindet

Zu Weihnachten 2017

Der "African Catholic Community" gehören in meiner Kirchengemeinde, Christen mit afrikanischer Herkunft an. Wir begegnen uns so zwar wiederholt jedoch gelang es bisher nicht, in Verbindung zu treten.

 

2017 beinhaltet ein Erlebnis, an welches ich mich immer gerne zurückerinnere. So saß während des sonntäglichen Gottesdienstes in der Bank vor meinem Vater und mir, eine Mutter mit ihrer Tochter (ca. 2 Jahre). Sie gehörten zur African Gemeinde. Das Mädchen war lebhaft und lies sich auch mit zahlreichen Tricks, die Mütter zur Kinderberuhigung besitzen, nicht mäßigen. Mein Vater und ich schauten dem treiben belustigend zu. Dann lies die Mutter das Kind vom Arm und in der Bank etwas laufen. Das Kind erblickte dabei meinen Vater und suchte immer wieder so versteckt den Blickkontakt. Da blickten immer wieder zwei blaue Kinderaugen mit süßen Rasterlocken auf dem Kopf zu ihm. Plötzlich tauchte das Kind, so schnell konnte die Mutter nicht reagieren, ab und krabbelt unter der Bank durch. Das Mädchen kam zu meinem Vater, setzte sich auf seinen Schoß, schaute ihn an und legte den Kopf an seine Schulter. Der Gottesdienst geriet immer mehr in den Hintergrund. Die Mutter wollte das Kind nehmen aber es wollte nicht. Es saß ganz ruhig während des kompletten Gottesdienstes bei meinem Vater. Der wiederum, getraute sich kaum zu bewegen. Ein anrührendes Ereignis. Im Anschluss an den Gottesdienst kamen wir über länger mit der Mutter ins Gespräch. So lernte man sich nicht nur kennen, sondern tauschte auch ein Stück Biografie aus. In der Nachfolge begegnete man sich offen und war sich nicht mehr fremd.

 

Einem kleinen Mädchen gelang so in wenigen Minuten eine Verbindung herzustellen, wozu Erwachsene über lange Zeit nicht fähig waren. Es ging ohne Vorurteile auf sein gegenüber zu. Kinder sind dabei Grund ehrlich und handeln ohne Hintergedanken. Jesus sagte: "Seht Euch die Kinder an, wenn ihr nicht werdet wie sie". Dieses Stück Ehrlichkeit der Kinder fehlt unserer Gesellschaft!

 

Statt Menschen mit Ehrlichkeit existieren heute zu viele Durcheinanderbringer mit verführerischen Wortverdrehungen und gegensätzlichen Anschauungen. So wollen sie den Klimawandel in den Griff bekommen gleichzeitig aber die Wirtschaft nicht hemmen. Sie möchten offen sein für Menschen aus anderen Ländern aber gleichzeitig unsere eigene Kultur bewahren. Sie wollen mobil sein und gleichzeitig nicht im Stau stehen. Sie sprechen vom Frieden und geben immer mehr für Rüstungsgüter aus. Sie schauen zu wie 80 Millionen Menschen vor Kriegen flüchten. Sie verbrennen Getreide als Brennstoff (aktuell nicht in Deutschland) zum Zweck der Gewinnung von Energie, dabei waren noch nie so viele Menschen vom Hungertod bedroht. Zu keiner Zeit hat so, meines Erachtens, die weltpolitische Diplomatie mehr versagt als gegenwärtig. Wie möchte man unter der Voraussetzung "Zuerst wir" die Welt befrieden?  Wie um Gottes Willen soll das so gelingen?!

 

Es bräuchte jetzt Menschen mit Urteilsvermögen die über den eigenen Tellerrand hinwegsehen und den Willen zur Kompromissfindung besitzen! Wo sind diese Menschen in politischer Verantwortung geblieben? Was ist in der Gesellschaft geschehen, dass man freiwillig Despoten sowie Rechts wählt? Hat man aus der Geschichte nichts gelernt?! Hier immer wieder zu sagen, "alles wird gut" oder "wir schaffen dass", klingt für mich wie Hohn. Sterben doch bei allem Menschen. Welchen wert  haben Menschenleben heute politisch? Wenn sich auch der christliche Glauben richtig praktizieren würde, dann würde er Menschen nicht gegeneinander aufbringen, sondern zusammenführen. Nur weil man sagt oder predigt, alles wird gut, wird noch lange nicht alles gut!

 

Herbert Gönemeyer sang einst "Gebt den Kindern das Kommando sie berechnen nicht was sie tun!" "Es gibt kein Gut es gibt kein Böse es gibt kein Schwarz es gibt kein Weiß es gibt Zahnlücken statt zu unterdrücken."

 

Genau das durfte ich in diesem Jahr in der Kirche erleben. Das Kind hatte, als es zu meinem Vater ging, nicht berechnet ob mein Vater gut oder böse ist. Ich glaube es hat noch nicht einmal die Unterschiede im Erscheinungsbild erkannt. Das Mädchen sah in meinem Vater einen Menschen, dem es mit seinen Zahnlücken von Herzen ein Lächeln-/ und Vertrauen schenkte. Mit seiner vorurteilsfreien Kindlichkeit überbrückte es Distanzen in den Köpfen der Menschen, die sich über länger nicht getrauten aufeinander zuzugehen. Ein kleines Kind schaffte ohne Worte die Verbindung.

 

Eventuell sollten auch mal Politiker ihre Kinder, Enkel und Nichten zu Gipfeltreffen mitbringen und dabei selbst betreuen. Unter Umständen würden die Kinder unter den Beteiligten, in der Beziehung Mutter/Vater, Oma/Opa, Tante/Onkel, bei den unterschiedlichen Nationen, zu einem lockeren und friedlichen Dialog führen. Mit dem richtigen Augenschlag, schaffen Kinder doch fast alles bei den Erwachsenen.

 

Gerade in dieser Zeit schauen wir auf ein Kind das aus Beziehungen zu Menschen, die ganz anders sind als es selbst, lebt. Es verbindet Arme und Reiche, hochrangige Politiker und einfache Menschen. Es regt an die Welt mit anderen Augen zu sehen. Mit den Augen der Benachteiligten. Es braucht Menschen, die sich auf andere einlassen und gemeinsam mit aufrichtigen Gedanken, ehrlichen Worten und offenem Herzen Lösungen suchen.

 

Schauen wir alle das Kind in der Krippe an und erinnern uns der Worte der Engel, die sagten; "Der Frieden ist herabgekommen auf die Erde zu den Menschen, die er erwählt hat und liebt!" Erinnern wir uns dabei an das kleine Mädchen und was ihm unkompliziert in wenigen Minuten gelungen ist.

 

Auch Sie liebe Leser können mit Ihrem Handeln und Denken, wie das Mädchen die Welt in 2018 egal welcher Konfession und Glaubensrichtung Sie angehören, mit aufrichtigen Gedanken, ehrlichen Worten und offenem Herzen, ein kleines Stück friedlicher gestalten.

 

In der Hoffnung, dass dies uns gelingen möge, wünsche ich ihnen allen ein frohes wie besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes wie Erfolgreiches neues Jahr!