Ein persönlicher Nachruf auf Andrea Dorothea Becker

Ihr sollt nicht um mich weinen. Ich habe gelebt. Der Kreis hat sich geschlossen, der zur Vollendung strebt. Glaubt nicht, wenn ich gestorben, dass wir uns fern sind. Es grüßt Euch meine Seele als Hauch im Sommerwind in meinem Garten. Und legt der Hauch des Tages am Abend sich zur Ruh`, send ich als Stern vom Himmel, Euch meine Grüße zu. (Hans Kreiner)

 

Ein Herzensmensch hat uns verlassen …

 

Ein Leben lang begleitete mich meine Cousine Andrea mit großer Fürsorge. Viele gemeinsame Erinnerungen sind in allen Jahren in mir entstanden. Beginnend mit dem Warten auf sie, wenn Sie in ihrer Zeit der Schule, Ausbildung wie Beruf in ihr Elternhaus zurückkehrte. War sie fertig mit Essen, spielte sie mit mir. Dann fuhren wir Schubkarren, dabei hatte sie mich an den Beinen und ich lief auf den Händen über den Boden. Noch vor Kurzem fragte ich Sie, warum wir dies seit Jahrzehnten nicht mehr gemacht haben. Wir mussten beim Ausmahlen darüber, was heute in unserem Alter wie gesundheitlicher Fitness, alles so passieren würde sehr Lachen. Ebenso ging sie damals mit mir in die nahegelegene Spielstraße wie zu den Ponys. Zum Einkaufen durfte ich auch immer mit. Hier bekam ich fast sicher etwas Süßes gekauft. Nur einmal nicht, als ich stur und bockig war. Da erhielt ich, obwohl ich alles einsetzte, was einem Kind, um sein Willen durchzusetzen zur Verfügung steht, nichts. Erst musste ich mich entschuldigen, so war alles wieder gut und beim nächsten Einkauf gab es wieder etwas.

 

Als ich an den Nieren erkrankte und in Heidelberg in der Klinik lag, schickte sie mir regelmäßig über meine Eltern liebe Grüße und wir telefonierten. Hin und wieder schickte sie ein Geschenk mit. Wir waren so immer in Kontakt. So verfolgte ich auch, wie sie ihren Mann Norbert kennenlernte und beide später heirateten. Eigentlich wollte ich sie ja als Kind heiraten. Ich war damals ganz schön eifersüchtig. Was sich aber schnell legte, denn Norbert hatte eine riesige Carrerabahn, womit ich öfter, wenn wir zu ihm heimfuhren, spielen durfte.

 

Nach ihrer Hochzeit vergrößerte sich die Familie. So erlebte ich über Jahre mit, wie ihr Nachwuchs vom Kindergarten in die Schule sowie in den Beruf wechselte. In diesen Zeiten trafen wir uns alle regelmäßig am Freitag bei ihren Eltern. Bis zum Tode ihrer Mutter Lilo (ihre beste Freundin) 2017 und dem ihres Vaters 2018, war in deren Haus freitags immer Familientag. Hier kamen alle und es gab Kaffee, Kuchen sowie warmes Essen. Auch unsere gemeinsamen Großeltern waren zu Lebzeiten oft dabei. Bei Geburtstagsfeiern musizierte sie früher mit ihren Brüdern Bernd und Helmut und alle Gäste sangen dazu. So erlebten wir alle sehr schöne Zeiten zusammen.

 

Zu Hause besuchte ich sie immer wieder und erhielt fast immer ein Geschenk. Ihre einstige Leidenschaft, das Sammeln von Figuren aus Überraschungseiern, der sie auch oft zum Flohmarkt führte, sowie die Sammlung von Norberts Modellautos wie Carrera-Modellen, fand ich sehr faszinierend. Ich erinnere mich noch an einen Sammlerkatalog den Sie mir zeigte. Ich hatte zuvor mein Kinderzimmer entrümpelt und auch Figuren weggeworfen. Darunter ein Pumuckl mit Regenschirm, der damals mit 700 DM (heute 600 €) als wert angegeben war. Ich war erschrocken und sie lachte herzlich über mein Missgeschick.

 

Auch als ich mehrmals ungezogen bin, blieben wir in Kontakt. Ich fühlte mich immer als Teil ihrer Familie, bei der ich wie eine Art Bruder, alles miterleben durfte und die für mich da war.

 

Ihr Leben war nicht immer einfach und sie und Norbert mussten viel für die Familie arbeiten. Doch sie war eine starke Frau und zusammen schafften sie alles. Sie hatte ein großes wie sehr hilfsbereites Herz. Wo sie helfen konnte, war sie uneigennützig zur Stelle. Brauchte man Hilfe, waren sie und Norbert immer da. Sie kümmerten sich um ihre Eltern, meine Mutter, um zwei ältere Damen und auch immer um mich. Sie war stets für alle da und ihr Lachen wie Blick vermittelte stets, alles ist oder wird gut! Sie fand Lösungen, wofür sie auch mit Norbert für andere weite Wege auf sich nahm. Ebenso überraschte sie einem auch immer gerne mit schönen Dingen, die sie sah und gekauft hatte. Das hat ihr sehr viel Freude gemacht, wenn sie sah, wie sich andere daran erfreuten.

 

Ihre große Leidenschaft mit Norbert war der Garten. Das hatte sie von ihren Eltern, die auch ein Kleinod an Garten besaßen. In ihrer Mietwohnung hatten sie schon den Garten schön angelegt und später in ihrem Haus, entstand eine Traumanlage der Natur, wo es zu jeder Jahreszeit etwas zu beobachten gab und gibt. Auch zu Weihnachtszeit wie Osterzeit, waren der Garten wie das Haus liebevoll geshmückt. Hier steckt in jeder Ecke ihr Herz wie Seele drin und an diesem Ort war sie rundum glücklich. Urlaub brauchte sie nicht, der Garten, die Familie wie ihre beiden Enkelkinder, waren ihr Glücksort.

 

Im Garten traf sich so die ganze Familie zu Kaffee ihrem leckeren selbst gebackenen Kuchen wie Grillen. Mein Lieblingskuchen von ihr war der leckere Gewürzkuchen. Bei ihr konnte man immer vorbeikommen, hier stand die Tür für alle offen. Eine klare Haltung hatte sie zu Menschen, von denen sie enttäuscht wurde. Die mussten sich sehr anstrengen, damit wieder Kontakt entstand, die Mühe war es aber immer wert! Ich kann mich in fast 52 Jahren an keine Situation erinnern, wo wir eine Meinungsverschiedenheit hatten. So standen wir auch in schwierigen Zeiten alle zusammen.

 

Als mein Vater verstarb und ich krankheitsbedingt Hilfe benötigte, übernahm sie und Norbert meine Versorgung. Ein Anruf oder WhatsApp genügte und kurze Zeit später waren sie vor Ort. Dafür kann ich gar nicht dankbar genug sein. Eine besondere Gabe von ihr war, sie konnte gut zuhören! Erzählte ich von etwas, was ich mir kaufen wollte, merkte sie sich dies und ich erhielt es zu meinem Geburtstag, Weihnachten wie auch mal zwischendurch. Nach dem Tod meines Vaters fragte ich z.B., wo sie ihren künstlichen Weihnachtsbaum gekauft hätten, der gefiel mir gut. Ich hörte: „warte, wir rufen dich bald zurück, wenn wir geschaut haben“. Nach einer Zeit klingelte es an meiner Tür und vor mir standen Andrea und Norbert mit einem Tannenbaum als Überraschung. Wo sie, die mit den tollsten Geschenken kam, nahm ich mir regelmäßig bei der richtigen Wahl von Geschenken das Leben. In der Coronazeit und dem Lockdown kamen sie auf meinen Hof gefahren und brachten mir Sachen zu meinem fünfzigsten Geburtstag, die sie mir an einem Stockschirm über den Balkon reichten. Dabei mussten wir alle sehr herzhaft lachen.

 

In jedem Jahr trafen wir uns nach Weihnachten zu meiner traditionellen Feier des fünften Advents oder auch Neujahrsempfang genannt. Hier tauschten wir unsere Weihnachtsgeschenke aus und verbrachten mit der ganzen Familie einen schönen gemeinsamen Mittag bis in den Abend. Vor der Adventszeit klingelte das Telefon oder es kam eine WhatsApp mit der Frage, „bist Du daheim?“ Dann brachte sie mir ein Adventskalender, Süßigkeiten und Dekoration, die mich im Advent begleiten sollten. Ich wurde rundum mit viel Liebe und Herzenswärme von beiden umsorgt. So fühlte ich mich nie allein oder vergessen. Sie beschenkte ihre Mitmenschen von Herzen gerne.

 

Überdies schrieben wir uns täglich am Morgen wie am Abend über WhatsApp. Sie wollte dadurch wissen, ob ich auch gesund bin und es mir gut ginge. Es war eine sehr liebe Gewohnheit, sich am Morgen wie am Abend zu grüßen. Dann erreichte mich die Nachricht von ihrer Erkrankung. Ich versuchte ihr mit meinem medizinischen Wissen Hoffnung zu vermitteln. Das tat ihr auch gut, wie sie mir schrieb. Jedoch war sie nicht immer mit allem zufrieden, was ich ihr hier sagte. Aber sie nahm den Kampf mit der Krankheit zusammen mit Norbert wie Timm auf. Wir waren auch alle guten Hoffnungen, denn die Therapie, so zeigten die Ergebnisse, hatte Erfolg. Doch unmittelbar nach der guten Nachricht ergaben sich drastische Verschlechterungen. Diese konnte man in der schnelle der Abläufe nicht mehr erfassen. Man war hilflos! Um die Faschingszeit sprachen wir noch darüber, uns endlich zu meinem Neujahrsempfang zu treffen. Sie wollte in diesem Jahr schon viel früher vorbeikommen, um mir die Geschenke zu bringen. Ich verwies aber nichts ahnend auf die jährliche Tradition, dass wir uns alle sehen. Es macht mir sehr zu schaffen, dass ich in diesem Jahr nicht flexibel war. Am 06.03.2024 rief mich ihr Sohn Timm an, und teilte mir mit, Mama ist eingeschlafen. Für alle blieb die Welt stehen, obwohl sie sich normal weiterdrehte. Ein Leben ohne Andrea ist kaum vorstellbar. War sie doch der Mittel- wie Antriebspunkt der Familie.  

 

Sie hinterlässt eine große Leere bei uns allen. Sie fehlt mir in so vielen Gedanken und Abläufen im täglichen Alltag. Mein Gott wie vermisse ich allein ihre morgendliche wie abendliche Nachrichten! Man wartet und es kommt nie mehr etwas.

 

Es ist für mich unvorstellbar wie groß die Leere ist, die bei ihren Nächsten entstanden sein muss.

 

Ich bin voller Dankbarkeit für alles, was Sie für mich aus Überzeugung und Liebe getan hat und so stets, in allen Lebenslagen, an meiner Seite war. Ich hoffe, ich war ihr nur ein Stück so zugewandt wie sie mir. Ihre Art der Herzenswärme mir gegenüber, habe ich zu ihr sicher nie erlangt.

 

Vieles wird nun anders sein ohne Dich Andrea. Vieles wird es nun nicht mehr geben. Deine Kochkünste, Kuchen, die leckeren Plätzchen und Stollen wie Dekoration zur Weihnachtszeit uvm. was Dich ausmachte, bleiben in Erinnerung.  Die Lücke, die du bei uns reißt, kann niemand schließen. An Dich werden wir uns nie anders im Herzen erinnern können, als mit einem Lächeln und tiefer Dankbarkeit für alles, was Du uns im Leben gegeben hast.

 

Mein besonderes Mitgefühl gilt ihrem Mann Norbert, ihrem Sohn Timm mit Kindern sowie ihren Brüdern Bernd und Helmut mit Familie, wie allen Anverwandten und Freunden. Wir alle haben einen großen Verlust durch den Tod von Andrea, einem überzeugten Herzensmenschen, erlitten.  

 

In dieser großen Traurigkeit dachte und denke ich in unendlicher Dankbarkeit an die schöne Zeit zurück, die ich mit ihr erleben durfte. Mach es gut „Lieblingscousine“ ich werde Dich vermissen und nie vergessen!

 

Wir sehen uns wieder …

 

Dein Cousin Martin.